Dienstag, 4. September 2007

Der Start

Liebes Tagebuch,


heute war der außergewöhnlichste Tag in meinem Leben. Ich kann immer noch nicht fassen was passiert ist, mein Erwachen liegt so weit zurück dass es wie aus einem anderen Leben wirkt. Und, ohne zu übertreiben, dass war es auch. Dabei war dieser Morgen nicht besonders.

Wie üblich bin ich auf meiner Pritsche aufgewacht. Der Weckruf erklang früh, das erste Licht tastete sich gerade am Himmel entlang. Das Klappern der Fahnenmasten am Eingang verkündete bedrückend einen windigen Tag. Meine Hütte füllte sich langsam mit dem stummen Scharren sich bekleidender Männer. Ich zog mir meine zwei Uniformen an um mich etwas gegen den Wind zu schützen. Bald erklang der Morgenappell und rief zur Versammlung auf dem Hauptplatz. Bislang war es ein Tag wie jeder andere auch, es war vielleicht etwas früher als sonst. Ungewöhnlich war allerdings die Hektik der Wachen, sie wirkten angespannt und aufgeregt. Der Lagerführer trat vor uns und kündigte an eine Liste von Namen vorzulesen. Die genannten Personen sollten hervortreten und einem Offizier folgen. Allein dass der Lagerführer zu uns sprach war ungewöhnlich, aber dass er Leute selektierte war beunruhigend. Mir zog sich der Magen zusammen, jeder hoffte nicht genannt zu werden. Ich bemerkte wie auch die anderen Häftlinge unruhig wurden, das ganze unterbrach die morgendliche Routine und konnte nicht gut sein. Als der Lagerführer meinen Namen bellte wurde mir übel. Wir hatten schon mal Gerüchte ausgetauscht, was die mit Leuten machen, und ich malte mir das schlimmste aus. Insgesamt waren wir nur eine kleine Gruppe verunsicherter Häftlinge die dem Offizier nach trottete. An den Gesichtern der anderen sah ich dass ich mit meinen Befürchtungen nicht allein war. Während wir dem Offizier zur Verwaltung folgten wurde hinter uns die heutige Arbeit verteilt, es war das erste Mal dass ich mir wünschte einfach in der Gruppe zu stehen und irgendeinem stumpfsinnigem Tageswerk zugeteilt zu werden. Ich habe nicht mehr mitbekommen was meine Gruppe machen musste. Es war das letzte Mal das ich sie jemals sehen sollte. Mir wird ganz melancholisch wenn ich an sie zurückdenke und mir vorstelle wie sie gerade zum ersten Morgenappell ohne mich antreten. Ob sie überhaupt an mich denken oder mich vermissen?

Wir wurden in einen Warteraum geführt in dem ein paar Stühle standen. Unsere Stimmung erhellte sich etwas während wir uns ausmalten doch glimpflich davon zu kommen. Allerdings wurde uns verboten miteinander zu reden. Wir sollten warten bis wir abgeholt werden und dann weiteren Anweisungen folgen. Eine Wache wurde in dem Raum gelassen. Zum ersten Mal seit langer Zeit nahm ich auf einem Stuhl platz.

Nach und nach wurden wir aufgerufen, ich war Dritter. Keinen der anderen habe ich wiedergesehen, ich frage mich was mit ihnen geschehen ist. Ob sie noch leben? Wahrscheinlich schon, schließlich wurde uns bis dahin noch nichts brisantes gesagt. Mir wurden ein paar sehr allgemeine Fragen gestellt, Fragen wie „Sieh gehen an einer Kneipe vorbei. In einer anliegenden Gasse streiten sich zwei Zecher. Sie merken dass es schnell gewalttätig werden könnte. Wie reagieren sie?“. Mir war völlig schleierhaft was das sollte, die ganze Situation war völlig absurd. Da ruft man einen armen Häftling in die Verwaltung, jagt ihm einen riesen Schrecken ein, und alles nur um ihm ein paar bescheuerte Fragen zu stellen? Nun, nach der letzten Frage öffnete eine weitere Wache die Tür zu einem anliegendem Raum und rief mich herein. Dort saß ein wichtig aussehender, uniformierter Mann an einem Schreibtisch und bot mir einen Stuhl an. Die Wache schloss die Tür und wir waren alleine.

Was dieser Mann mir nun erzählte passte wunderbar zu der ganzen Situation, denn es war schlichtweg unglaublich. Dem Mann zufolge war ich aufgrund meiner psychologischen Ausbildung auserwählt worden an einer Expedition in die Tiefen des Weltraums teilzunehmen. Ich war völlig verständnislos. Ausgerechnet als Psychiater wollte man mich rekrutieren? Ich war doch eben wegen meiner Studien überhaupt in dem Lager, aber anscheinend aber anscheinend hatten sie ihre Meinung geändert. Und überhaupt Weltall, war das wirklich ernst gemeint? Wollten die mich wirklich in den Weltraum schicken? Angeblich hatten sie ein Raumschiff gebaut dass ein paar hundert Leute versorgen konnte, aber sie brauchten jemanden der sich um die Leute kümmert, und irgendwie waren sie wohl auf mich gekommen. Wie gesagt, absurd. Aber der Mann wirkte ernst genug. Und wenn ich nicht freiwillig teilnehmen wolle, so könnte ich einfach wieder zurück ins Lager gehen. Ganz davon abgesehen dass ich wahrscheinlich niemals das Gebäude verlassen hätte (es gab ein Krematorium darin), wer würden denn so ein Angebot ablehnen?

Der Mann gratulierte mir und verlies den Raum. Eine Wache gab mir ein paar saubere Sachen und ein Handtuch, und schickte mich duschen. Danach wurde ich mit einem Jeep zu einem nahe gelegenem Landestreifen gebracht (Ich habe Jahre in dem Lager verbracht und nicht die geringste Ahnung gehabt dass ein Landestreifen in der Nähe war – mir wurde da schlagartig bewusst wie sehr mich das Lager abgestumpft hatte).

Nach knapp vier Stunden Flug landeten wir auf einem großen Flughafen nahe einer Stadt. Das ganze Areal - Stadt, Flughafen, Wald - war von einer Mauer umgeben, überall patrouillierten Wachen in Armeeuniformen. Man führte mich in einen Konferenzraum. Dort traf ich auf weitere vier Rekruten der letzten Minute. Mit ihnen würde ich während der Expedition zusammenarbeiten. Wir wurden einigen rudimentären medizinischen Tests unterzogen und dann wieder in ein Flugzeug verladen.

Weitere drei Stunden später kamen wir an der Abschussrampe für das Raumschiff an. Alles war bedeutend größer, beeindruckender, roher. Man sah zahllose Rohre die Gebäude umranken wie Efeu, alles wirkte undurchschaubar und komplex. Zudem waren noch mehr Wachen vor Ort, und auch militärische Fahrzeuge, Panzer und dergleichen. Die Szenerie wurde allerdings von einem riesigem, senkrecht aufgestelltem Etwas dominiert, dass zweifellos das Raumschiff sein musste. Es ragte bestimmt 100 Meter in den Himmel und war 30 Meter dick. Riesige Gerüste um das Schiff herum hielten es in Position, irgendein Gas strömte aus und hüllte es in leichten Nebel. Es war einfach unfassbar.

In einer großen Halle trafen wir die restliche Crew des Raumschiffes. Ungefähr 300 Leute waren anwesend, angeblich genügend um ein langfristiges Überleben zu sichern. Auch Tiere und Pflanzen mussten mit, waren aber schon im Schiff verstaut. Ich und die anderen Neuen wurden kurz zur Seite genommen. Man stellte uns das Projekt vor: Wir sollten in die tiefsten Tiefen des Alls vordringen, in einem Raumschiff das eine ganze Gesellschaft unterstützen konnte. Als Beweis für die technische Überlegenheit der Sowjetunion über den USA solle die Passage des Mars' als grandioses Spektakel der ganzen Welt öffentlich vorgestellt werden. Das Raumschiff habe genügend Ressourcen um mindestens 200 Jahre lang das Leben an Bord unterstützen zu können. Ein Atomreaktor werde Energie liefern, die Versorgung mit Wasser, Nahrung und Luft sei durch eine fein abgestimmte Biosphäre gewährleistet. Die restliche Crew bestand aus Spezialisten, die jeweils benötigte Funktionen zur Ermöglichung des Lebens ausüben würden. Ich hatte noch eine große Ansprache erwartet, oder zumindest etwas festliches. Stattdessen wurden wir einfach alle ins Innere des Raumschiffes geführt. Ein Versammlungsraum war für den Start umgerüstet worden, für jeden gab es einen Sitz. Wir wurden festgegurtet und der Countdown begann.

Der Start selbst verlief glatt, ich sitze nun in meinem kleinen Raum im inneren des Schiffes, die automatische Lichtsteuerung reduziert kontinuierlich das Licht um es wie einen Erdabend wirken zu lassen. Es wird langsam zu dunkel zum schreiben, und ich ich bin sehr müde. Es wirkt so weit weg als ich auf meiner Pritsche in dem Arbeitslager aufgewacht bin..

Samstag, 11. November 2006

Einführung

Herzlich Willkommen im Blog "Deep Space 69" ,

dies soll eine kleine Einführung in diesen Blog sein. Mein Name ist Aleksei Romanov. Vor einem Jahr wurde mir ein braunes Packet zugestellt, Absender war die Regierung der Rußischen Föderation. Es enthielt ein Buch und eine Erklärung dass dieses Buch einem nahen Verwandtem gehörte und er sich wünsche dass ich das Buch erhalte.
Besagtes Buch war das Tagebuch meines verschollenen Großonkels Grimo Romanov.

Weiterhin stand dort dass das Buch vertrauliche Informationen enthalte und der Geheimhaltungspflicht unterliege, niemand außer mir solle erfahren was in dem Buch stand.
Ich habe mich gewundert dass sie mir das Buch überhaupt zugestellt haben, beim ersten durchblättern verstand ich es aber: Der Inhalt des Buches ist so unvorstellbar dass mir sowieso niemand glauben würde.

Viele Monate konnte ich mich nicht entscheiden ob ich noch jemanden das Buch zeigen sollte, oder ob ich es einfach in eine Kiste packen und vergessen sollte. Wie sie sehen habe ich mich dafür entscheiden das Buch zu veröffentlichen. Eine vollständige Übersetzung hätte zu viel Zeit in Anspruch genommen und ein komplettes Buch hätte ich sowieso nicht veröffentlichen können. Desshalb werde ich die aus meiner Sicht interessantesten Einträge übersetzen und veröffentlichen.

Es bedarf allerdings eine kurzen Einleitung, welche ich selbst geschrieben habe:

1957 schoss die Sowjetunion den ersten künstlichen Erdtrabanten in den Erdorbit..das Wettrennen zwischen den USA und der Sowjetunion um den Weltraum hatte begonnen.
Die USA arbeiteten mit Hochdruck daran die nächste Grenze als Erste zu erreichen: Den ersten Menschen in den Weltraum zu schicken.
Doch auch dies konnte die Sowjetunion für sich entscheiden als sie im Jahr 1961 Juri Alexejewitsch Gagarin in den Weltraum katapultierte.
Den Mond als nächstes Ziel wollten mit aller Kraft die Amerikaner erreichen, damit sie zumindest einen Meilenstein setzten konnte, doch die Russen wollten sich ihre Gewinnsträhne nicht unterbrechen lassen.
Jedoch wurde 1963 das Raumprogramm der Sowjetunion offiziell eingestellt und der Mond den USA überlassen, welche ihn ihm Jahr 1969 erreichten.

Man hatte erkannt dass man niemals den Mond vor den USA erreichen würde.

Stattdessen konzentrierte man sich auf den Bau eines Raumschiffes von enormen Ausmaßen. Damit wollte man die erste Weltraummission starten die nicht zur Erde zurückkehren würde; eine Deep Space Mission. Als glorreicher Siegesmoment sollte die Passage des Mars' der ganzen Welt per Direktschaltung gezeigt werden.

Die Bauarbeiten an dem Raumschiff wurden im Jahr 1964 begonnen und dauerten bis 1972.
Eine komplette Biospähre und 300 Menschen fanden an Bord Platz. Es dauerte über ein Jahr nur um das Raumschiff auf den Start vorzubereiten, und 1974 fand er unbemerkt statt.

Das Buch meines Großonkels erreichte mich 31 Jahre später, im Herbst 2005. Er war einer der 300 Menschen an Bord dieses Raumschiffs, und hat seine Erlebnisse niedergeschrieben.

Machen sie sich auf eine aussergewöhnliche Geschichte gefasst.